Einbruchschutz: Was ist Sicherheitsglas?

Normales Flachglas ist relativ bruchanfällig. Wo in Gebäuden Scheiben mit erhöhter Widerstandsfähigkeit gefragt sind, setzt man deshalb auf Sicherheitsglas. Typische Anwendungen sind einbruchsichere Fenster und Schaufenster, aber auch sicherheitsrelevante Bereiche wie Balkonverglasungen oder begehbare Glasflächen. Dabei kommen verschiedene Arten von Sicherheitsglas zum Einsatz. Ein Überblick.

Die Einbruchsicherheit von Fenstern hängt zwar nicht in erster Linie, aber eben auch vom verwendeten Scheibenglas ab. Viele Einbrecher testen als erstes, ob sich die Scheibe zerstören lässt. Oder sie versuchen es spätestens dann, wenn sie merken, dass sich die Fensterflügel nicht aufhebeln lassen. Normales Fensterglas bietet dann kaum Widerstand, es zersplittert sofort, wenn man mit einem harten Gegenstand dagegen schlägt. Der Einbrecher kann mit der Hand durch das entstandene Loch greifen und das Fenster von innen leicht öffnen. Anders verhält es sich mit so genanntem Verbund-Sicherheitsglas.

Sicherheitsverglasung Krausmann
Sicherheitsglas bietet einen guten Schutz vor Einbrüchen.

Verbund-Sicherheitsglas

Verbund-Sicherheitsglas (VSG) besteht aus mehreren Scheiben – also mindestens zwei – und dazwischen liegenden reißfesten Kunststoff-Folien. Dabei bilden Scheiben und Folie einen festen Verbund, verhalten sich also wie eine (dicke) Scheibe. Der Clou: Wirft man beispielsweise einen Stein gegen eine solche Scheibe, dann zersplittert zwar das Glas, aber die Splitter werden durch die elastische Folie weiterhin zusammengehalten. Es entsteht also kein Loch in der Scheibe, durch das der Einbrecher durchgreifen könnte.

Fenster in Wohnhäusern sind heute in der Regel nicht nur einfach verglast, sondern mit Mehrscheiben-Isolierglas ausgestattet. Diese Bauelemente verfügen über zwei oder sogar drei Scheiben mit dazwischen liegenden Hohlräumen. Ist ein erhöhter Einbruchschutz gefragt, dann sollte die raumseitige Scheibe aus VSG bestehen. Vorhandene Isolierglas-Fenster lassen sich zudem auch sicherheitstechnisch aufrüsten, indem die innere Scheibe einfach mit einer Folie beklebt wird. Derartige Lösungen findet man häufig im Schaufensterbereich.

Während VSG bei Fassadenfenstern gewissermaßen „Luxus“ ist, oder zumindest kein Muss, hat sich die Verbundscheibentechnologie in anderen Einsatzbereichen zum Standard entwickelt. Das gilt vor allem bei horizontalen Verglasungen und bei gläsernen Elementen zum Absturzschutz. Überkopfverglasungen – etwa im Dachbereich – werden meist mit VSG ausgeführt, weil so ausgeschlossen ist, dass bei Beschädigungen gefährliche Glassplitter in die darunterliegenden Räume fallen. Auch für begehbare Glasflächen setzt man auf VSG. Es versteht sich von selbst, dass die einzelnen Scheiben dabei ausreichend dick und belastbar sein müssen. Auch bei Brüstungsverglasungen – etwa für Balkone oder Dachterrassen – überzeugt VSG aufgrund seiner Stabilität und splitterbindenden Eigenschaften.

Einscheiben-Sicherheitsglas

Die einzelnen Scheiben von Verbundsicherheitsglas bestehen meist aus einfachem Floatglas. Das ist das übliche Standard-Flachglas, das man im Floatverfahren herstellt. In Bereichen mit besonders hohen Sicherheitsanforderungen – zum Beispiel bei Geländer-Füllungen und Brüstungsverglasungen – wird VSG aber auch häufig aus mehreren so genannten ESG-Gläsern gefertigt. Die Abkürzung steht für Einscheiben-Sicherheitsglas. Es besteht, wie der Name schon sagt, nur aus einer einzelnen Scheibe ohne reißfeste Folie.

ESG kommt aber nicht nur als Bestandteil von Verbundsicherheitsglas zum Einsatz, sondern wird auch als eigenständiges Sicherheitsglas verwendet. Typische Einsatzbereiche sind ballwurfsichere Fensterverglasungen, Glastüren, Trennwände, Glasduschen und Fassadenverglasungen. Auch Seitenscheiben von Automobilen bestehen häufig aus ESG.

ESG ist stoß- und schlagfester sowie biegezugfester als normale Flachglasscheiben und verfügt außerdem über eine erhöhte Temperaturwechselbeständigkeit. Dabei handelt es sich wie gesagt nur um eine einfache Glasscheibe. Wie aber kann ein solches Produkt so viel Sicherheit bieten? Die Antwort lautet: durch eine besondere Wärmebehandlung während der Herstellung, bei der die Scheiben „vorgespannt“ werden. Zur Herstellung von ESG erhitzt man Glasscheiben zunächst auf mehr als 600 °C und kühlt sie dann schlagartig wieder ab. Da das Glas an den Oberflächen schneller abkühlt, entstehen dort Druckspannungen, die das Material widerstandsfähiger gegen Biegebelastungen machen.

ESG ist zwar stark belastbar, wenn es aber doch bricht, zerfällt es in kleine Scherben. Anders als bei VSG werden die Splitter nicht durch eine Folie zusammengehalten. Das Glas fällt einfach auseinander. Wo vorher eine Scheibe war, ist dann ein Loch. In Brüstungsbereichen birgt das natürlich Gefahren. Immerhin haben die stumpfkantigen Glaskrümel den Vorteil, dass die Verletzungsgefahr gering ist. Trotzdem darf das Material für Verglasungen im Überkopfbereich nicht verwendet werden.

Hinzu kommt, dass bei ESG herstellungsbedingt manchmal Spontanbrüche auftreten. Das Glas zerfällt dann einfach, ganz ohne äußere Krafteinwirkungen. Verantwortlich dafür sind Verunreinigungen der Glasschmelze durch Nickelsulfid während der Produktion. Um Spontanbrüche auszuschließen, sollte in sicherheitsrelevanten Bereichen nur ESG zum Einsatz kommen, das vorab mit dem so genannten Heat-Soak-Test geprüft wurde. Bei vielen baulichen Anwendungsfällen ist dieser Test sogar zwingend vorgeschrieben.

Teilvorgespanntes Glas

Nur der Vollständigkeit halber erwähnen wir an dieser Stelle noch eine weitere Variante im Bereich der Sicherheitsgläser: teilvorgespanntes Glas (TVG). Das wird im Wesentlichen genauso hergestellt wie ESG-Scheiben, nur dass die Abkühlung der Glasschmelze nicht ganz so schnell erfolgt. Das Glas wird also vorgespannt, aber weniger stark als beim normalen Einscheiben-Sicherheitsglas. TVG ist daher härter als einfaches Floatglas, aber nicht so biegefest wie ESG.

TVG wird in der Regel ausschließlich als Bestandteil von Verbundsicherheitsglas eingesetzt. Es hat ein anderes Bruchverhalten als ESG, das Glas zerspringt in große Bruchstücke. Im Schadensfall begünstigt das eine Verzahnung der Bruchstücke, wodurch die beschädigte Verglasung häufig tragfähiger bleibt. Typische Einsatzbereiche sind VSG-Verglasungen im Überkopfbereich und punktgelagerte Glasvordächer.

 

Autor: Roland Grimm